Das Seegitter aus Schilfsandstein wurde vermutlich zwischen 1771 und 1773 in der Werkstätte des berühmten Rokokobildhauers Ferdinand Tietz im Rahmen der Neugestaltungsmaßnahmen (1761–1773) am Schlosspark Seehof unter Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim als Seeuferbalustrade zwischen Park und Seeweiher gefertigt. Das Seegitter steht hinsichtlich der Blickachse und der formenreichen Rocaille-Ornamentik in direkter Beziehung mit der Kaskade von 1771, der heutigen Hauptattraktion des Schlossparks. Flaniert man entlang der Seeweiher, fällt einem das Seegitter vor allem aufgrund der beachtlichen Länge von knapp 140 m als enormes Kunstwerk auf.

Im Vergleich beider Seiten des Seegitters bemerkt man den noch sehr gut erhaltenen Zustand der seezugewandten Seite. Wohingegen die parkzugewandte Seite beträchtliche Substanzverluste aufweist. Dieses ambivalente Erscheinungsbild des Seegitters findet bereits in der Literatur der 80er Jahre als Beispiel für typisch expositionsbedingte Schadensprozesse Erwähnung, das zur selben Zeit im Zuge eines Großpilot-Projekts mittels einem innovativen Verfahren, der Acrylharzvolltränkung, in verwitterter Form konserviert wurde.

Mit dem Ziel das heutige Verwitterungsverhalten nachzuvollziehen erfolgte 2020 im Rahmen einer Masterarbeit eine eingehende Untersuchung des Seegitters. Hierfür wurde eine detaillierte Bestandsaufnahme hinsichtlich markanter Merkmale durchgeführt und der Zustand vor der Acrylharzvolltränkung mit dem 2020 zu dokumentierenden Zustand verglichen. Das Erscheinungsbild des Seegitters vor der Konservierungsmaßnahme wurde überwiegend von extremer Schalenbildung, also ein für Schilfsandstein typischer Schadensprozess, oder querverlaufende Risse durch den ständigen Feucht-Trocken-Wechsel dominiert. Nach der Acrylharzvolltränkung konstatiert man im Wesentlichen vermehrt sprengartige Rissbildungen zum Teil aufgrund der unvollständig getränkten Seegitterabschnitte. Allerdings reißen ebenso nachweislich vollgetränkte Seegitterabschnitte auf, was bis dato ein noch unerforschtes Phänomen darstellt.

Wie das Großpilot-Projekt Acrylharzvolltränkung des Seegitters von Schloss Seehof abgewickelt wurde, konnte anhand von Interviews der Beteiligten und Archivrecherchen im Rahmen der Masterarbeit rekonstruiert werden:

Obwohl das Seegitter erst seit 1975 mit dem Erwerb durch den Freistaat Bayern von Schloss Seehof die Obhut des Staatlichen Bauamts Bamberg und dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege genießt, birgt das Seegitter eine sehr ereignisreiche Restaurierungsgeschichte. 1975 befand sich das Seegitter, neben der wertvollen Gartenskulpturen und Kaskade, in einem alarmierend schlechten Zustand, welches einer dringenden Notsicherung mithilfe von abschnittsweiser Holzkonstruktionen und Lochbausteinen zur Standsicherheit bedurfte.

Angesichts des fortwährend zerfallenden Zustands wurden in den Folgejahren hinsichtlich einer notwendigen Restaurierung des Seegitters mehrere Probeflächen angelegt, die die Anfertigung von Abgüssen aus zwei unterschiedlichen Zusammensetzungen und zwei verschiedenartige Konservierungsmethoden beinhaltete.  Das Resultat der Probeflächen ergab zum einen, dass die Behandlung mit Kieselsäureester als konservierende Maßnahme am Seegitter nicht funktionierte und zum anderen, dass die Anfertigung von Abgüssen zwar möglich sei, aber kein Platz für derart viele Originale in deren Größenordnung zur Verfügung stehe. Unter den Probeflächen befand sich auch ein Probestück, das mit Acrylharz getränkt wurde. Mit diesem Konservierungsverfahren verfolgte man das Ziel sämtliche Porenräume im Naturstein mit Acrylharz zu füllen, um das Eindringen von schädigendem Wasser oder Schadstoffen zu unterbinden.

Aufgrund der erfolgreichen Tränkung und der Tatsache, dass das Probestück auch nach mehreren Monaten Exposition keine weiteren Schäden aufwies, zog man das Verfahren in Erwägung und veranstaltete 1977 ein Kolloquium über das Acrylharzvolltränkungsverfahren. Trotz der in der Diskussion aufgeführten Gegenargumente der Irreversibilität und Materialitätsveränderung, entschied man sich aufgrund der bisher positiven Ergebnisse und Erfahrungen für das Verfahren.  Neben der ausgeschlossenen Alternative, Abgüsse des Seegitters zu fertigen, forcierten die Erhaltung des Originals mit all seinen Verwitterungsspuren die denkpflegerische Entscheidung. Nach dem Kolloquium startete das ‚Pilotprojekt‘ 1978 mit dem Baubeginn der Tränkungsanlage auf Schloss Seehof.  Im zweiten Halbjahr 1981 fand schließlich die Tränkung statt. Mürbe Bereiche des Seegitters wurden vor der Tränkung mittels Epoxidharzes gefestigt und jedes einzelne Feld ein bis zwei Tage getrocknet. Nach der Tränkung und nachfolgender Nachreinigung eines Werkstücks konnten die Brüstungsfelder wieder an dessen ursprünglichen Stelle versetzt werden.

Kurz nach Beginn der Tränkungsphase, bemerkte man, dass ein Stück des Seegitters nicht ausreichend gefestigt wurde und durch eine dunklere Steinoberfläche und zusätzlich fleckige Bereiche besonders auffiel. Daraufhin wurde der Vorgang zunächst eingestellt, um das Verfahren mittels mehreren Probereihen zu optimieren.  Dabei konnte der Zusammenhang zwischen einer Fehltränkung und einer zu geringen Viskosität des Tränkungsmaterials hergestellt werden. Nach einer zweimonatigen Unterbrechung und Anpassung der MMA-Viskosität konnte die Tränkungsmaßnahme schließlich weitergeführt werden.

Leider stellte man kurz nach Abnahme der Konservierungsmaßnahme vor allem bei Pfeilern erste Risse fest, die nicht der Steintextur, sondern der Konservierung zuzuordnen waren. Wenige Jahre später waren derartige Risse im zunehmenden Maße zu beobachten. März 1985 erkannte man, dass sich die bereits identifizierten Risse inzwischen ausgeweitet hatten und sich diese ausschließlich an Pfeilern und Abdeckplatten zeigten. Zusätzlich waren an verschiedenen Pfeilern ganze Partien abgesprengt, die nach einer gefestigten, 2 bis 3 cm starken Außenschicht einen mürben Kern zum Vorschein brachten. In diesem Zusammenhang wurde folglich festgestellt, dass Teile mehrerer Brüstungsfelder aufgrund zu kurzer Vortrocknungszeit nicht vollständig getränkt wurden.  Nachträgliche Restaurierungen blieben ohne Erfolg, und in Anbetracht der zusätzlich schlechten Erfahrungen mit Abgüssen, entschied man sich im selben Jahr für die Nachtränkung eines Musterpfeilers. Da das Ergebnis des ersten Musterpfeilers zufriedenstellend war, folgte 1986 die Nachtränkung weiterer Pfeiler und Brüstungsfelder des Seegitters. Im Zeitraum zwischen 1986 und 1989 traten abermals Risse an unvollständig getränkten Seegitterabschnitten auf, welche mittels Injektagen verfüllt und mit epoxidharzgebundenem Mörtel gekittet wurden.  Nachdem weitere Schäden trotz Nachtränkung auftraten und die Reparaturmaßnahmen der Folgeschäden nicht wirkten, entschied man sich 1989 Abgüsse von insgesamt drei Pfeilern anzufertigen.

In den darauffolgenden Jahren wurden trotz der sehr aufwendigen Konservierungsmaßnahme immer wieder neu auftretende Schäden, wie gelöste Kittungen, defekte Fugen, Verschiebung von Werkstücken, horizontal und vertikal gerissene Abdeckplatten sowie erhebliche Substanzverluste in Form von abgescherten Bruchstücken aufgrund extremer Rissbildung beobachtet. Zusammengefasst hat sich das Verwitterungsverhalten des Seegitters somit von der extremen Schalenbildung an der wetterabgewandten Seite hin zu konzentrierten Rissbildungen verlagert. Demzufolge ist aufgrund fortschreitender Verwitterungsprozesse in Zukunft ein progressiver Materialverlust von Bruchstücken und Schalen an vermeintlich konservierten Seegitter zu erwarten, sodass ein dringender Handlungsbedarf hinsichtlich der Sicherung von gestalterischen Formteilen und wertvollen Oberflächen besteht. Ohne Acrylharzvolltränkung und minuziöser Ausarbeitung konservatorischer Restaurierungen im Rahmen des Großpilot-Projekts hätte allerdings der ‚schleichende‘ Verwitterungsprozess der Schalenbildung im Gegensatz zu vereinzelten Ausbrüchen einen ebenfalls rasch fortschreitenden und weitaus großflächigeren Materialverlust verursacht, wodurch das Seegitter im heutigen Zustand mit Sicherheit nicht mehr vorzufinden wäre.